Um euch die Langeweile etwas zu vertreiben hab ich hier eine kleine Geschichte für euch. Würd mich wahnsinnige über Kommentare freuen, wie es euch gefällt und Verbesserungsvorschläge nehme ich auch dankend an.
XoXo
Rückkehr
Ich
werde durch das Knarren und Ächzen der Fenster und Türen, das bröckeln der
zerfallenden Hausmauern, das wüten und toben des draußen brennenden Feuers und
durch die elenden jammernden Schreie der Opfer geweckt.
Langsam
öffne ich meine Augen, setzte mich in meinem Bett auf, gähne und strecke mich.
Wie von Geisterhand schlüpfe ich mit meinen Füßen in meine abgetragenen Pantoffel und schwebe regelrecht zu dem Fenster links von meinem Bett.
Langsam
und vorsichtig doch mit sicherer Hand ziehe ich die Vorhänge auf. Vor meinem
Fenster sehe die Trümmer der Nachbarhäuser, hier und da brennen noch
vereinzelt Ruinen und auf der Straße liegen verkohlte und nicht verkohlte sowie
halb tote Menschen Kadaver.
Vom
Himmel schweift mein Blick auf eine gekrümmte Gestallt die von Leiche zu Leiche
huscht. Bei jeder verweilt sie kurze Zeit und beugt sich über sie.
„He!
Was machen Sie da?!, rufe ich ihr durch das Fenster, welches ich gerade
geöffnet habe, zu.
Unbeirrt,
als hätte sie mich nicht gehört, verrichtet sie weiter seine Tat.
Ich
wende mich diesem Spektakel ab und wende mich der Treppe in das Erdgeschoss zu.
Langsam, elegant, schwebend, gleite ich die Stiegen hinunter. Was übrig
geblieben ist von diesem Haus? So wie von allen anderen, nicht viel.
Es
gibt keine Haustür mehr, und eine Seite fehlt ebenfalls. Dennoch ist es eines
der wenigen Häuser, welches noch nicht in sich zusammen gesunken ist.
Ich trete durch das Loch, wo früher einmal die Haustür sein musste.
Auf
der anderen Seite, im Vorgarten, wartet jemand auf mich. Die Gestallt von
vorhin.
„Was
wollen Sie?“, frage ich ihn, während ich langsam, doch nicht ängstlich, zu ihm
gehe und mich bei ihm einhake.
Wir
verlassen den Vorgarten des Hauses und schreiten stillschweigend über die
Trümmer und Zerstörung hinfort.
Hier
und da sehe ich zwischen den Leichen noch solche jene, die sich verzweifelt an
ihr Leben klammern. Jammernd suchen sie nach Hilfe, nach einem Anzeichen von
Leben, das hier irgendwo zwischen alle dem aufkeimen müsste.
Es
ist vergebens, flüstere ich während ich an ihnen allen vorbei schreite und
meinen Blick von ihnen abwende.
Wieder
höre ich das Dröhnen von Flugzeugmotoren am Himmel über mich hinweg fliegen.
Bomben? Bomben höre ich keine mehr auf dieses kleine Städtchen herab sausen.
„Ich
glaube,“ sage ich zu meinem Begleiter, welcher mich unbeirrt durch all dies
hier führt, ohne seinen Blick nach links oder nach rechts zu wenden, „es ist
vorbei!“
Er
nickt ohne mich eines Blickes zu würdigen.
Und
so schlendern wir weiter über dieses Schlachtfeld, langsam beginne ich mir
diese Frage zu stellen, wo mich mein Begleiter eigentlich hinführt.
Er
führt mich zum Bahnhof und langsam fange ich an zu verstehen. Ich versuche
meine Hand von seiner lösen zu können, doch er hält mich. Er hält mich so fest,
das es weh tun könnte, doch die Angst die in mir aufsteigt, schmerzt mehr als
sein kalter Griff.
Ich
versuche mich zu erinnern. Warum diese Angst in mir hoch kommt, wenn ich diesen Ort sehe.
Dunkler
Rauch steigt von dort auf und es stinkt nach verbranntem Fleisch. Gemeinsam
steigen wir über Trümmer der einst so pompösen hohen Mauer des Bahnhofs hinweg.
Die alter immer pünktliche Bahnhofsuhr hängt teilweise noch in der Wand,
teilweise in der Luft. Eine leichte Windbrise würde ausreichen, sie von dort zu
Boden befördern zu können. Doch die Luft steht. Die Luft steht und die Sonne
brennt erbarmungslos auf uns alle nieder. Die Luft steht und man riecht noch
stark, wie viele Menschen hier in den letzten Tagen verbrannt und gestorben
sind.
Ihr
Wehklagen klingt plötzlich wieder in meinen Ohren nach.
Sie
schreien vor Angst.
Sie
schreien vor Verzweiflung.
Sie
schreien vor Schmerz.
Und
sie beten.
Sie
beten um die Gnade Gottes, dieser Hölle entkommen zu können.
Dieser
grausamen, grausamen Hölle welche Menschen Menschen antun.
Diese
dummen, dummen Idioten.
Ich
schüttle diese Gedanken hinfort und wende mich wieder dem zerstörten Bahnhof
zu.
„Wo
gehen wir hin?“, frage ich meine Begleitung.
Wir
haben nun Bahnsteig 2 erreicht.
Er
hebt seine freie Hand und zeigt auf einen entgleisten Wagon der quer über 3
Gleise liegt.
„Ich
verstehe nicht…“, sage ich verwirrt.
Doch
ohne näher auf mich einzugehen bewegen wir uns auf den ausgebrannten Wagon zu.
Verkohlte
Leichen liegen überall um den sowie in dem Wagon.
Auf
einen Fleck liegen 3 auf einmal. Eine Frau mit Kindern. Etwas weiter liegt
unter Schutt ein zerbrochenes Foto, welches diesen Wahnsinn einigermaßen unbeschwert überlebt hat.
Wehmut
kommt in mir hoch und das Gefühl, das ich diese Personen gekannt habe. Doch
wieder möchten mir keine Erinnerungen zu dieser Empfindung kommen.
Während
ich verzweifelt versuche mich an irgendetwas erinnere zu können, welches mit
dieser Frau und ihren Kindern zu tun hat, bleibt mein Begleiter abrupt stehen
und bringt mich somit fast zum stolpern.
Ich
erschrecke und wende mich ihm zu. Er beugt sich über eine etwas kleine,
zierliche Leiche eines jungen Mädchens.
Ich
starre sie an. Und ihre leeren ausgebrannten Augenhöhlen starren zurück. Nun
dreht mein Begleiter seinen Kopf zu mir und blickt mich mit einem
selbstgefälligen, unheimlichen Grinsen an.
Jetzt
verstehe ich!
Ich
versteh alles hier!
Die
Frau!
Die
Kinder!
Der
Zug!
Das
Haus!
Ich
verstehe einfach alles, was hier passiert ist. Wie eine Flut kommen 1000
Erinnerungen in mir hoch. Sie überschwemmen mich wie diese Bomben meine
Heimatstadt.
Ich
schwanke und stolpere, bin kurz vor dem fallen doch mein Begleiter ist schnell
genug um mich aufzufangen.
Er
stellt mich wieder auf meine Füße. Nun stehe ich da, wie eine Statue und blende
alles um mich herum aus. Meine Atmung geht flach und schnell.
Während
ich langsam alles hier realisiere, umarmt mich mein Begleiter mit seinem schwarzen
Mantel und nimmt mich mit sich.
Und
in seiner tödlichen Umarmung, welche meine verirrte Seele zu sich zurück geholt
hatte, treffe ich wieder auf alle mir so vertrauten Personen. Und ich kann
beruhigt einschlafen, zwischen alle dem mir so bekannten und von mir so
geliebten Personen.
Ich
schlafe ein, für immer und entkommen diesem Wahnsinn.
Damals
schrieben wir in alle Schulbücher unsere Namen unser Heimatland und das Jahr.
Deutschland,
1945
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